Dienstag, 31. August 2010

Rehabilitierung abgelehnt - das OLG Dresden findet alles ganz normal

Manchmal ist man sprachlos. Manchmal bin sogar ich sprachlos. Darum hier heute ein Auszug aus dem Beschluss vom Oberlandesgericht in Dresden in meiner Rehabilitierungssache betreffs der Einweisung in das Spezialkinderheim in Moritzburg im Jahr 1976. Meine Beschwerde gegen die Ablehnung der Rehabilitierung wird als unbegründet zurück gewiesen.
Das Oberlandesgericht sagt in der Begründung unter anderem: "...dass die Unterbringung in Kinderheimen nur dann rehabilitiert werden kann, wenn sie mit Grundsätzen einer rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn die Entscheidung politischer Verfolgung gedient hat, ihr sachfremde Erwägungen zugrunde lagen oder die angeordneten Rechtsfolgen in grobem Missverhältnis zum zugrunde liegenden Anlass stehen. Dies ist vorliegend nicht der Fall...
...Die vorhandenen Unterlagen ergeben vielmehr, dass die Unterbringung der Betroffenen in Kinderheimen ausschließlich aus erzieherischen Gründen erfolgt ist. Die Verlegung der Betroffenen vom Kinderheim Dresden in das Spezialkinderheim Moritzburg erfolgte, weil die Betroffene wiederholt vom Kinderheim abgängig war und sich weigerte, in die Einrichtung zurückzukehren.
Soweit die Betroffene auf die teilweise erniedrigende Behandlung in den Heimen, insbesondere die Bedingungen in dem Spezialkinderheim Moritzburg verweist, ist dies grundsätzlich nicht geeignet, die Rechtsstaatswidrigkeit der Anordnung der Heimerziehung zu begründen."

Mit anderen Worten: wäre mein Vater kein Säufer, sondern ein politisch Verfolgter des DDR-Regimes gewesen, dann hätte man heute sagen können, so durfte man sein Kind nicht behandeln. Da meine Mutter aber gestorben und mein Vater nur ein ganz gewöhnlicher Säufer war, war es rechtens, mich in ein Kindergefängnis zu sperren und mich neben der Schule zwangsarbeiten zu lassen, mich ein zu sperren, mich zu demütigen und mir jegliche freie Willensentscheidung zu untersagen und wenn nötig mit Gewalt und Zwang zu unterbinden.
Es war schon damals so: Kinder,die noch Eltern daheim hatten, die sich für sie einsetzten, hatten es nur halb so schwer, in den Heimen zurecht zu kommen. War doch immer jemand da, der sich notfalls für sie einsetzte. Kinder wie ich, die niemanden hatten, der ihnen beistand, waren die Arschkartenkinder. Das hat sich dann wohl bis heute nicht geändert.
Und nein, es geht hier nicht um Geld. Es geht einzig und allein um die Frage: Durfte man so mit mir, mit uns umgehen? Durfte man mir das antun, mich für mein ganzes Leben zum seelischen Krüppel machen? Die Antwort gibt das Landgericht in Dresden in der Begründung zur Ablehnung meiner Anträge zur Rehabilitierung:

"...auch Mißstände in den Einrichtungen selbst begründen für sich genommen die Rechtsstaatswidrigkeit einer Unterbringung nicht. Gleiches gilt für Fehlverhalten einzelner Erzieher sowie für die Ausgestaltung der Heimordnung einschließlich der zum Teil vorgesehenen, heutzutage eher kritisch beurteilten Strafen wie Essensentzug, Einschränkung des Besuchsverkehrs, zeitweiliges Schreibverbot ect. Auch die durch die Heimeinweisung zumindest mitverfolgte Zielrichtung, Kinder und Jugendliche unter Zuhilfenahme von Freiheitsbeschränkungen für das Arbeitsleben und die spätere Teilnahme an der Gesellschaft zu qualifizieren, führt für sich genommen nicht zur Rechtsstaatswidrigkeit der Maßnahme."

Ich verstehe das dann so: Es war halt so, finde dich damit ab und sieh zu, wie du zurecht kommst. "Fehlverhalten einzelner Erzieher" - diese Erzieher sind zum Teil bis heute im Dienst und dürfen sich an Kindern und Jugendlichen austoben. Nein, es waren nicht alle schlimm, keine Frage. Es sind und waren ja auch nicht alle Priester Kinderschänder. Und trotzdem werden diese Straftaten verfolgt und die Opfer haben zumindest die Chance, Gehör zu finden. Aber das ist ja ein anderes Ding. Hat ja nichts mit Rechtsstaatswidrigkeit zu tun!

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